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Sehnerventzündung (Optikusneuritis): Definition, Symptome und Ursachen

Bei der Sehnerventzündung, die medizinisch auch als Optikusneuritis bezeichnet wird, handelt es sich um eine komplexe neurologische Erkrankung, die sich negativ auf das Sehvermögen auswirken kann. In diesem Beitrag gehen wir darauf ein, an welchen Symptomen du die Sehnerventzündung erkennst, welche Ursachen sie hat und was du dagegen tun kannst.

Artikel wurde von Prof. Dr. Hans-Jürgen Grein geprüft

Auf einen Blick

  • Eine Sehnerventzündung wird auch als Optikusneuritis oder Neuritis nervi optici bezeichnet.

  • Es handelt sich um eine entzündliche Augenerkrankung am Sehnerv, die die Weiterleitung der Informationen vom Auge an die Großhirnrinde beeinträchtigt.

  • Mitunter geht die Sehnerventzündung mit Augenschmerzen, verschwommenem Sehen, Farb- und Kontrastverlusten sowie einer erhöhten Blendungsempfindlichkeit einher.

  • Auslöser für die Sehnerventzündung sind in vielen Fällen Autoimmunerkrankungen, aber es kommen auch zahlreiche weitere Ursachen in Frage.

  • Die Behandlung der Sehnerventzündung richtet sich nach der Ursache – meist wird jedoch auf Kortison und ggf. Antibiotika zurückgegriffen.

  • Frühzeitig augenärztlich oder neurologisch betreut und behandelt heilt die Sehnerventzündung in vielen Fällen innerhalb von zwei bis vier Wochen mit guter Erholung der Sehleistung aus.

Was ist eine Sehnerventzündung?

Bei einer Sehnerventzündung, auch Optikusneuritis oder Neuritis nervi optici genannt, kommt es zu einer Entzündung des Nervs, der die Sehinformation vom Auge ins Gehirn vermittelt. Der Sehnerv besteht aus über einer Million einzelner Nervenfasern, die von der Netzhaut starten und im blinden Fleck das Auge nach hinten verlassen. Durch die Entzündung im Sehnerv kann es zu einer plötzlichen und deutlichen Verschlechterung beim Sehen kommen. In manchen Fällen tritt die Sehnerventzündung auch im Zusammenspiel mit anderen neurologischen Erkrankungen auf. Sofern die Therapie rechtzeitig begonnen wird, lässt sich eine Sehnerventzündung gut mit Medikamenten behandeln.

Das Auftreten einer Optikusneuritis in Europa liegt bei 5 pro 100.000 Einwohner pro Jahr. Typischerweise sind junge Erwachsene im Alter von 20 bis 40 Jahren betroffen.

Sehnerventzündung: Symptome

In vielen Fällen treten die Symptome bei einer Sehnerventzündung plötzlich auf. So fällt Betroffenen rasch auf, dass etwas nicht stimmt. Die Entzündung und die damit einhergehenden Sehstörungen entstehen dabei meist einseitig und nur selten beidseitig. Je nach Schwere der Entzündung treten die Symptome mitunter nur gemäßigt auf.

Eine Vielzahl an Symptomen kann auf eine Sehnerventzündung hindeuten. Da einige dieser Symptome jedoch auch mit anderen Erkrankungen einhergehen können, ist eine Abklärung beim Augenarzt schnellstmöglich angeraten.

Augenärztliche Untersuchung

Neben der Sehschärfe prüft der Augenarzt die Farbwahrnehmung, die Pupillenreaktion und das Gesichtsfeld. Die Netzhaut und der blinde Fleck werden genau inspiziert. Liegt der Entzündungsherd jedoch komplett hinter dem Auge, kann der Befund unauffällig sein. Zur weiteren Abklärung der Ursachen wird oft auch ein MRT durchgeführt und es werden der Hausarzt, Neurologen oder andere Fachärzte eingebunden.

Verschwommenes Sehen

Wer unter einer Sehnerventzündung leidet, bemerkt häufig eine rasche Verschlechterung des Sehvermögens innerhalb von Stunden bis Tagen. Dabei erscheint das Sichtfeld unscharf und verschwommen, wie durch einen Nebel. Konturen können nicht mehr klar abgegrenzt werden.

Farbverlust beim Sehen

Ein Symptom, das bei der Sehnerventzündung sehr häufig vorkommt, ist der plötzliche Farbverlust beim Sehen. Typisch ist eine Rotentsättigung: Auf dem betroffenen Auge erscheinen Rottöne deutlich blasser als auf dem Gegenauge. Aber auch andere Farben können anders als üblich erscheinen.

Gesichtsfeldverluste

Im Rahmen von Sehnerventzündungen können unterschiedliche Gesichtsfeldausfälle entstehen. Ist die Mitte des Gesichtsfeldes und damit die Stelle des schärfsten Sehens betroffen, kommt es auf diesem Auge zu deutlichem Verlust der Sehschärfe. Ein solcher Ausfall wird als Zentralskotom bezeichnet. Die Ausfälle können aber auch peripher im Gesichtsfeld liegen, oder das ganze Gesichtsfeld diffus betreffen. Die daraus resultierenden Einschränkungen hängen stark von der Größe und der Ausprägung des Skotoms ab.

Schmerzen besonders bei Augenbewegungen

Viele Betroffene klagen über leichte Augenschmerzen , die sich bei Augenbewegungen verstärken. Eine Auslenkung der Augen wird deshalb oft vermieden.

Blendungsempfindlichkeit

Bei einem Teil der Betroffenen mit Sehnerventzündung sind die Augen vermehrt licht- und blendungsempfindlich. Insbesondere bei hellem Licht, zum Beispiel durch die Sonne, treten die Beschwerden auf und erschweren das Sehen erheblich.

Kontrastverlust

Kontraste können bei einer Sehnerventzündung nur undeutlich wahrgenommen werden. Die Unterschiede zwischen hellen und dunklen Bereichen sind nur noch schlecht zu erkennen. Manche Patienten klagen auch über plötzliche Lichterscheinungen, wie Flimmern oder Blitze.

Ursachen für die Sehnerventzündung

Sehnerventzündungen werden in typische und atypische Formen eingeteilt. Typische Sehnerventzündungen treten alleine (idiopathisch) oder im Zusammenhang mit Multipler Sklerose auf. Bei selteneren atypischen Formen können andere Autoimmunerkrankungen oder Infektionen der Auslöser sein.

Autoimmunerkrankungen

Autoimmunerkrankungen sind der häufigste Auslöser für eine Sehnerventzündung. In vielen Fällen leiden die Betroffenen an Multipler Sklerose. Durch die Grunderkrankung greift das Immunsystem die Isolierschicht der Nervenfasern an, sodass die Übermittlung der Nervensignale an die Großhirnrinde beeinträchtigt wird. So kommt es zu einer Entzündung des Sehnervs.

Bei einer Sehnerventzündung muss immer auch nach auslösenden Grunderkrankungen gesucht werden. Betroffene werden deshalb vom Augenarzt auch zu anderen Fachärzten überwiesen, um den Verdacht auf Multiple Sklerose, oder eine andere Autoimmunerkrankung auszuschließen.

Nebenwirkung von Medikamenten

Mitunter können auch Nebenwirkungen von Medikamenten zu einer Entzündung des Sehnervs führen. Beobachtet wurde das Auftreten unter anderem im Zusammenhang mit Tamoxifen, einem Medikament gegen Brustkrebs oder Ethambutol, das bei Tuberkulose verordnet wird.

Infektionen

Auch eine direkte oder indirekte Infektion mit bestimmten Erregern kommt als mögliche Ursache für eine Sehnerventzündung in Frage, beispielsweise bei Borreliose, Tuberkulose oder Syphilis.

Vergiftungen

Mitunter ist die Sehnerventzündung die direkte Folge einer Vergiftung mit Methanol, Quecksilber oder Blei. Diese Giftstoffe schädigen u.a. die Myelinscheiden der Nervenfasern und können auf diese Weise zu einer Sehnerventzündung führen. Auch Alkohol und Nikotin haben schädigendes Potential für den Sehnerv. Meist sind beide Augen betroffen.

Weitere Ursachen für eine Sehnerventzündung

Als mögliche Ursachen einer Sehnerventzündung kommen vereinzelt auch andere Faktoren in Frage:

  • Tumorerkrankung: Wächst in der Nähe des Sehnervs ein Tumor, der auf den Nerv drückt, können die Symptome einer Sehnerventzündung ähneln.

  • Virusinfektion: Von einigen Viren, wie das Herpes-simplex-Virus, das Varizella-Zoster-Virus oder auch das SARS-CoV-2 wird eine Beteiligung bei Sehnerventzündung berichtet.

  • Ausbreitung anderer Entzündungen: Entzündungen am Auge oder in den Nasennebenhöhlen können unbehandelt „weiterwandern“ und so auch zu einer Entzündung am Sehnerv führen.

Idiopathische Sehnerventzündung

Gar nicht selten bleibt der Auslöser der Sehnerventzündung ungeklärt. Sind alle bekannten Ursachen ausgeschlossen, wird von einer idiopathischen Sehnerventzündung gesprochen. Es wird angenommen, dass es sich in diesen Fällen um eine unbekannte Autoimmunreaktion oder eine subklinische Infektion handelt, die aber nicht nachweisbar ist. In einigen Fällen wird die Ursache erst später offenbar, so dass sich das Attribut „idiopathisch“ noch ändern kann. Insbesondere kann sich in den folgenden 15 Jahren bei etwa einem Viertel der Betroffenen trotz unauffälligem MRT noch eine MS entwickeln.

Sehnerventzündung behandeln

Die typische Sehnerventzündung hat eine gute Prognose und auch eine Selbstheilungstendenz. Zur Beschleunigung der Abheilung wird oft mit einer kurzen, aber hoch dosierten entzündungshemmenden Kortisongabe behandelt. Dadurch klingt die Entzündung ab und die Sehbeschwerden reduzieren sich zügig. In der Regel klingt eine Sehnerventzündung innerhalb von etwa zwei bis vier Wochen ab. Die Sehleistung kann sich auch in den drauffolgenden Monaten noch verbessern. Bei etwa einem Drittel der erstmals Betroffenen kann es innerhalb von 10 Jahren erneut zu einer Sehnerventzündung kommen.

Initial kann die Behandlung mit Kortison für 3 bis 5 Tage über eine Infusion und anschließend für 10-14 Tage zum Ausschleichen in Form von Tabletten erfolgen. Für die ersten Tage der Behandlung kann zur Überwachung der Nebenwirkungen und weiteren Durchführung der Diagnostik auch ein stationärer Aufenthalt im Krankenhaus sinnvoll sein.

Atypische Sehnerventzündungen sind oft schwerwiegender im Verlauf und müssen abhängig von der Entwicklung therapiert werden. Wurde die Sehnerventzündung durch bakterielle Erreger hervorgerufen, wird die Kortisontherapie zusätzlich mit einer Antibiose kombiniert. Eine Reihe von immunmodulierenden Medikamenten können in Erwägung gezogen werden. Begleitende Erkrankungen müssen fachärztlich betreut werden.

Was tun bei einer Sehnerventzündung?

Eine Sehnerventzündung wird durch den behandelnden Augenarzt i.d.R. mit Kortison behandelt, damit die Entzündung rasch abklingt und die hervorgerufenen Symptome nachlassen. In der Regel heilt die Optikusneuritis dadurch innerhalb weniger Wochen aus. Neurologen, Hausärzte oder Internisten können in die weitere Diagnostik und Behandlung eingebunden werden. Zusätzlich kannst du einiges tun, um deine Augen zu entlasten.

Beobachtung und Geduld

Wenn du dich in ärztlicher Behandlung befindest, heilen die Symptome der Sehnerventzündung meist innerhalb von zwei bis vier Wochen aus. Während dieser Zeit wirst du immer wieder kleine Fortschritte bemerken, dein Sehvermögen kehrt langsam zurück. Erwarte aber nicht zu viel und bleibe geduldig.

Fazit: Eine Sehnerventzündung erfordert eine individuelle Behandlung

Viele Ursachen kommen als Auslöser einer Sehnerventzündung in Frage. Je nach Grunderkrankung sollte diese hausärztlich oder durch weitere Fachärzte therapiert werden, um langfristig das erneute Auftreten der Optikusneuritis zu verhindern. Parallel dazu ist eine augenärztliche Therapie mit Kortison und ggf. Antibiotika notwendig, um die akute Entzündung zu behandeln.

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